Who killed the UX-Design Star?

Stellt euch folgende Situation vor: Ihr habt ein gutes UX-Design für ein neues Produkt nach Lehrbuch erstellt und präsentiert die Ergebnisse in einem Stakeholder-Meeting. In diesem Meeting fragt eine Person nun wie denn die Designs für Smartwatches aussehen würden.
Ein Aspekt worüber bisher noch nicht nachgedacht wurde und den die Anwender:innen in der Research als irrelevant dargestellt haben. Ein paar Tage nach dem Meeting, wird euch plötzlich mitgeteilt, dass ihr nun auch Blackberry Systeme unterstützen sollt. Plötzlich fühlt sich der bisher reibungslose Prozess zäh und mühselig an.

Kommen euch solche Situationen bekannt vor? Dann seid ihr offenbar bereits auf „Secret Stakeholder“ und „HiPPOs“ getroffen. In der Session „Who killed the UX Design Star“ habe ich mit den Teilnehmern Ideen und Strategien gesammelt, um mit solchen Personen und Situationen im Projektverlauf umzugehen. Die Ergebnisse teile ich mit euch in diesem Beitrag.

Secret stakeholder und HiPPO’s

Zunächst einmal eine kurze Zusammenfassung was Secret Stakeholder und HiPPOs eigentlich sind.

Secret Stakeholder sind Projektbeteiligte, in der Regel mit großem Einfluss auf das Projekt selbst, welche nicht von Anfang an bekannt sind. Oftmals integrieren sie sich erst im späten Projektverlauf oder halten sich komplett raus. Dabei nutzen sie oftmals einen „Mittelsmann“, der ihre Ideen oder ihr Feedback in das Projekt einfließen lassen soll.
Man erkennt ein Projekt mit Secret Stakeholdern daran, dass plötzlich die Richtung oder die Ressourcen eines Projektes geändert werden oder gar Barrikaden im Projekt entstehen. Es kann aber auch vorkommen, dass Feedbackzyklen der Verantwortlichen sich in die Länge ziehen.

Der Begriff HiPPO ist die Abkürzung für „Highest Paid Persons Opinion“. Es beschreibt das Phänomenen, dass bestimmte Meinungen und Entscheidungen mehr Relevanz als andere haben. Diese werden in der Regel von der Person geäußert, die das meiste Geld verdient (oder am meisten Geld kostet). Dabei ist es irrelevant, ob diese Person ein tief gehendes Verständnis des Produktes oder der Situation hat.
Man erkennt die Anwesenheit von HiPPOs im Projekt daran, das Meinung und Empfindungen einzelner Personen wichtiger sind als die zugrunde liegenden Daten. Zudem herrscht in Projekten, die unter HiPPOs leiden häufig eine destruktive Arbeitskultur. Beispielsweise dass einzelne Personen nicht hinterfragt werden dürfen und keine Transparenz oder Verantwortlichkeit bei einzelnen Entscheidungen vorhanden sind.

Der Workshop und das Ergebnis

Zuerst gab ich den Teilnehmenden eine Erläuterung zu den Konzepten des „Secret Stakeholder“ und des „HiPPOs“. Dann haben wir mit der 1-2-4-All-Methode Handlungshinweise oder Lösungen gesucht, um den Folgen dieser Projekteinflüsse entgegenzuwirken.

Workshop-Teilnehmer:innen sitzen zusammen und diskutieren ihre Empfehlungen für UX-Designer
Ein Kapa-Board mit Post-Its mit Empfehlungen für den Umgang mit "secret stakeholdern" im UX-Design

Nachdem wir unsere Ergebnisse geclustert haben, konnten wir folgende Lösungsgruppen identifizieren:

  • Mitstreiter – In manchem Fällen ist das Verhalten des Secret Stakeholders oder HiPPOs das Ergebnis eines Vertrauensproblems gegenüber des Projektteams. Daher lohnt es sich, ihn als Mitstreiter:in des Projektes und sein Vertrauen zu gewinnen. Zudem lohnt es sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Projektes Mitstreiter:innen zu finden, die das Projekt und dessen Ausrichtung verteidigen.
  • Entscheidungsprozesse – Klar definierte Entscheidungsprozesse, die vom gesamten Projektteam und den Stakeholdern abgenommen wurden, helfen plötzliche Richtungsänderungen zu dämpfen oder gar nicht erst auftreten zu lassen.
  • Transparenz – Mithilfe eines Stakeholder-Mapping können wir uns und dem gesamten Team Transparenz über involvierte Stakeholder:innen und ihren Einfluss schaffen. Zudem sollte allen Stakeholdern transparent gemacht werden, in welchem Rahmen Entscheidungen des Projektes stattfinden und wo diese sich integrieren können.
  • Research – Die Informationen und Daten, die wir aus der Research erhalten sind das Fundament für Entscheidungen im Projektverlauf. Dies muss allen Stakeholdern verdeutlicht werden.
  • Integration – Gerade secret stakeholder sollten regelmäßig zu Entscheidungsrelevanten Terminen eingeladen werden. Wir müssen sie möglichst frühzeitig in Diskussionen integrieren damit wir direkt ihre Wünsche und Ziele berücksichtigen können.
  • Kommunikation – Auch unseren Stakeholdern gegenüber müssen wir eine zielgruppengerechte Kommunikation führen. Das bedeutet, dass wir unseren Stakeholdern nicht nur den Anwendernutzen in unseren Designs darlegen müssen, sondern auch den Nutzen für das Business klar kommunizieren müssen. Sollte eine klare Kommunikation nicht möglich sein, lohnt es sich Moderatoren in die Gespräche zu integrieren.

Weitere Erkenntnisse

Neben diesen Lösungen wurden wir durch Arne Schröder’s Keynote, „Die Kunst des Weglassens“ inspiriert. Wir haben identifiziert, dass die Probleme die durch „Secret Stakeholder“ und „HiPPOs“ entstehen nicht allein durch „Wie“-Lösungen angegangen werden können. In einigen Fällen benötigt man eine „Wer“-Lösung wie bspw. einen Scrum Master.
Wenn die Lösungsansätze nicht dabei helfen dem HiPPO zu verdeutlichen, welchen negativen Einfluss er für den Projektverlauf hat, dann lohnt es sich über einen „Platzverweis“ nachzudenken. Dies ist vor allem in Situationen wie dem Design Sprint ein valides Mittel.

Zusammenfassend

Um sich auf die negativen Konsequenzen von Secret Stakeholdern oder HiPPOs vorzubereiten, helfen Mitstreiter, Entscheidungsprozesse, Transparenz, Research, Integration und Kommunikation (Eselsbrücke: „M.E.T.R.I.K.“). Zudem hilft es stets einen Scrum Master im Projektteam zu haben, der aktiv den Einfluss von außen im Projekt reduziert.

Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an die Teilnehmer:innen des Workshops, ohne euch wären diese großartigen Ideen nicht entstanden!

Marcel Tuchner

UX Designer bei neusta experience GmbH